Die Nachricht der Ermittlung des BKA gegen Besucher der eigenen Webseite hatte für ziemlich Adrenalin gesorgt. Das folgende Gespräch ist symptomatisch für so viele, welche um die aktuelle Überwachungs-Debatte gehen: Ich wurde gefragt, worüber ich mich denn aufrege. Zuerst schildere ich den Fall - wiederholter Besuch der Webseite führt zu einer Ermittlung. Es folgt ein Kopfnicken, aber die Aufregung ist noch immer nicht nachvollziehbar. Ich ziehe einen Vergleich: "Stell' Dir vor, Du bleibst mehrfach vor dem Schaufenster eines Ladens stehen - und wirst schließlich verhaftet, weil im Schaufenster z.B. einige Bücher mit potentiell grenzwertigem Inhalt liegen, oder weil der Besitzer des Ladens aus irgendeinem Grund polizeilich beobachtet wird". Ein erschreckter Blick bei meinem Gegenüber, dann die Reaktion: "Das ist ja wie im dritten Reich, bloß nicht vor einem jüdisches Schaufenster stehenbleiben..." Ich ziehe weitere Beispiele des aktuellen Überwachungswahns heran, und ernte bei meinem Gegenüber vollkommenes Verständis für mein Kopfschütteln. Dann aber bekomme ich zu hören: "Reg' Dich nicht auf, Du kannst ja sowieso nichts ändern".
Es ist frustrierend festzustellen, daß es wirklich schwer ist. Die Medien schlucken meist brav die Kreide, die ihnen von der Politik zugeworfen wird. Und die meisten Bürger (nicht nur die Riege der Bildzeitungsleser, wobei allein dies schon rund 11,5 Millionen Leute sind) übernehmen das ganze anstandslos - es reicht nur ein populäres Beispiel hier, ein Fall mit "hartem Durchgreifen" dort, um den Leuten ein Nicken zu entlocken, wenn sie um Zustimmung für schärfere Sicherheitsmaßnahmen gefragt werden. Sogar größere Aktionen wie die Demo "Freiheit statt Angst" gehen mit wenig Medienecho vorüber. Und selbst wenn sich viele Leute über Herrn Schäuble und seine Pläne aufregen: Ihn abzuwählen ist nahezu unmöglich, dazu müßte die CDU in Baden-Württemberg unter die 5%-Hürde fallen.
Aber vielleicht bin ich mit meinem Frust nicht alleine. Andere mögen sich über andere Probleme echauffieren, doch in Summe sind laut einer aktuellen Umfrage die Mehrheit der Deutschen unzufrieden mit unserer Demokratie (der niedrigste Wert, der jemals in dieser Umfrageserie erfaßt wurde). Meiner Meinung nach ist dies eine sehr gefährliche Situation, bietet sie doch guten Nährboden für Extremisten.
Wenn schon alle anderen Aktionen nichts bringen: Vielleicht erkennen unsere Politiker dieses (historisch belegte) Warnsignal - und handeln entsprechend.