Meine Promotion ist nun doch schon etliche Jahre durch; das Aufhängerszenario waren Menschen, die sich durch eine mehr oder weniger belebte Fußgängerzone bewegten und Klein(st)computer mit sich trugen, die per Funk kommunizieren konnten. Fragestellung war, wie hier Anonymität ohne Aufgabe von Sicherheit gewährleistet werden kann. Eines der Angriffsszenarien war ein Werbetreiber, der mehrere Sensoren entlang der Fußgängerzone aufgestellt hatte, um so Bewegungsprofile der Passanten zu erstellen. Was damals noch reichlich abstrakt schien, steht nun exakt so in der Londoner Innenstadt.
Die Firma Renew stellt Mülltonnen mit großen Displays auf, welche Werbung darstellen. Die Mülltonnen scannen nach MAC-Adressen, die beispielsweise von den Smartphones der Passanten stammen, die nicht akribisch nach jeder Benutzung das WLAN ihres Telefons wieder abschalten. So können Bewegungsprofile gebildet werden, anhand derer sich verschiedene Fragen beantworten lassen: Welche Strecke nimmt ein Passant? Zu welchen Zeiten kommt er vorbei? Wo bleibt er stehen? Welche Handymarke besitzt er? Etc.
Diese Informationen sollen für personalisierte Werbung genutzt werden, ganz wie in der bekannten Szene in „Minority Report“. Wer also regelmäßig mittags die Burgerkette A besucht, braucht sich nicht wundern, wenn in seiner Nähe die Mülleimer-Werbung häufig die Angebote der Burgerkette B anpreist. Und das ist noch eines harmlosesten Outings, die jemand erfahren kann – immerhin ist die Werbung ja für jeden der Passanten sichtbar. Spannend wird’s, wenn das Datamining etwas schlüpfrigere Botschaften anzeigt. Auch die Möglichkeiten für gezieltes Mobbing sind nahezu grenzenlos.
Oh schöne neue Welt.
Update: Der PR-Flurschaden muß wohl erheblich gewesen sein, eben lese ich die Meldung bei Heise, daß die City of London für die sofortige Abschaltung der Datensammelei gesorgt habe.