Die 50.000er-Marke der Petition gegen Netzsperren wurde in der Rekordzeit von weniger als vier Tagen geknackt (Edit: soeben um 15:31h waren es genau 71.000); wie bereits argumentiert, dürfte die größte Errungenschaft das reiche Presse-Echo sein - und davon gibt es reichlich, wie man auf dieser Liste bei netzpolitik.org sehen kann: Alle großen Medien und Fernsehnachrichten haben Berichte und Kommentare.
Aber auch meine Befürchtung, daß die Politik unbeeindruckt weitermachen wird wie bisher, scheint sich zu bewahrheiten: Der Vorsitzende des Petitionsausschusses ließ verlauten, man verhandele die Petition erst nach der Wahl. Das Gesetzgebungsverfahren geht jedoch ungebremst weiter, schließlich ist es ja das erklärte Ziel von Frau von der Leyen, das Gesetz noch vor der Wahl zu verabschieden.
Ansonsten war ich stark versucht, den Titel (um bei den P-Worten zu bleiben) noch um "...und Pappnasen" zu ergänzen: Es ist unglaublich, wieviele Leute sich äußern, die sich scheinbar mit den Argumenten der Petitionsunterstützer keinen Millimeter auseinandergesetzt haben... und wie viele von ihnen eigentlich Ahnung haben sollten - sei es aufgrund ihrer Ausbildung oder wegen ihrer Position.
Da wäre zum einen unser Wirtschaftsminister zu Guttenberg:
"Es macht mich schon sehr betroffen, wenn pauschal der Eindruck entstehen sollte, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten sträuben. Das ist nun wirklich einer der wichtigsten Vorhaben in vielerlei Hinsicht." (Video unter obigem Link)
Wenn das eine der typischen Politiker-Nummern war (nach dem Motto: Egal, wie wenig Ahnung - Hauptsache Medienpräsenz), dann war das maximal ungeschickt. Es bedarf wohl keiner Erwähnung, daß in der Petition ausdrücklich steht, daß gegen dieses Ekelgeschäft vorgegangen werden soll - lediglich der eingeschlagene Weg ist vollkommen falsch. Ich muß über solche Äußerungen heftig den Kopf schütteln... aber andererseits entstammt er einer Politikergeneration, bei der ich eigentlich auch nichts anderes mehr erwarte.
Auf der anderen Seite gibt es Leute, die eigentlich technischen Background genug hätten, um es besser zu wissen; dennoch muß ich bei Heise lesen, wie sich der Direktor des Hasso-Plattner-Instituts Christoph Meinel äußert:
"Interessanterweise hat bei gedruckten Medien die Öffentlichkeit längst akzeptiert, dass Strafbares dort nicht veröffentlicht werden darf und versteht das nicht als Angriff auf die Meinungsfreiheit." (...)
Der Wissenschaftler kritisierte Aussagen, dass die Sperrung von Kinderpornographie-Seiten im Internet das Grundrecht auf Informationsfreiheit gefährde. Solche, die dies behaupteten, schürten gleichzeitig "irrationale Ängste", dass Websperren Stück für Stück auf weitere Inhalte im Internet ausgedehnt würden.
Ich kann mich nur den Ausführungen von F!XMBR anschließen: Es geht nicht darum, daß irgendjemand anzweifelt, daß KiPo aus dem Netz verbannt gehört. Aber wie die Beispiele auf F!XMBR (Vorratsdatenspeicherung, Mauterfassung, Handyortung, etc.) zeigen, ist die Gefahr, daß solche Techniken immer umfassender eingesetzt werden, sehr real und wohl begründet. Sogar in diesem konkreten Fall konnte man das schon weit vor der Verabschiedung des Gesetzes in einer Bundestagsdebatte beobachten.
Im übrigen ist es ein Unterschied, ob die Publikation einer Zeitschriftenausgabe eingestampft (und der verantwortliche Redakteur verhaftet bzw. angezeigt) wird, oder ob der Post verboten wird, sämtliche Zustellversuche von Briefen von und an eine bestimmte Adresse abzufangen und den Behörden zu melden (einschließlich der Gefahr, daß jemand angeschwärzt wird, indem man seine Adresse als Briefabsender angibt). Genau letzteres machen nämlich die DNS-Sperren.