Ermittlungen gegen Netzfilter-Kritiker Tauss

Kaum, daß die Mel­dung die Runde macht, daß sich die Ar­beits­grup­pe von Bund und Pro­vi­dern zur Ein­füh­rung von Netz­fil­tern via Pro­vi­der-AGBs er­geb­nis­los auf­ge­löst hat, folgt der nächs­te Pau­ken­schlag: Die Im­mu­ni­tät des SPD-Ab­ge­or­den­ten Tauss wurde auf­ge­ho­ben, gegen Tauss wird wegen des Ver­dachts auf Be­sitz von Kin­der­por­no­gra­phie er­mit­telt. Tauss hatte sich in der Ver­gan­gen­heit da­durch her­vor­ge­tan, daß er sich ernst­haft mit der Tech­nik mo­der­ner Me­di­en (wie dem In­ter­net) be­fa­ß­te und ein schar­fer Kri­ti­ker über­trie­be­ner Über­wa­chungs- und Kon­troll­maß­nah­men war. So war er bei­spiels­wei­se einer der we­ni­gen, der - ent­ge­gen dem Par­teizwang - gegen den "Ha­cker­pa­ra­gra­phen" ge­stimmt hatte.

Mein ers­ter Ge­dan­ke war, als ich die Mel­dung las: Hat auch er in­di­rekt auf "böse" Web­sei­ten ver­linkt? Oder wie Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker schnell mut­ma­ßen wür­den: War er ein zu un­an­ge­neh­mer Geg­ner gegen Netz­fil­ter? Im wei­te­ren Ta­ges­ver­lauf wurde in den Me­di­en die Ver­mu­tung ge­äu­ßert, daß er aktiv gegen die Kin­der­por­no-Sze­ne re­cher­chiert hätte und es des­halb auch ein Ver­such von dort sein könn­te, ihn zu dis­kre­di­tie­ren.

Spä­ter hieß es, man habe in sei­nem Ber­li­ner Büro ein­schlä­gi­ges Ma­te­ri­al ge­fun­den. Auch ist in die­sem Ar­ti­kel der Ur­sprung der Er­mitt­lun­gen zu er­fah­ren:

"Die Er­mitt­lun­gen be­gan­nen nach bis­he­ri­gen SPIE­GEL-Er­kennt­nis­sen mit einem Hin­weis der Staats­an­walt­schaft Bre­mer­ha­ven. Bei einem Mann, der wegen der Ver­brei­tung von Kin­der­por­no­gra­fie be­schul­digt wird, fand man zwei Han­dy­num­mern, die Tauss zu­ge­ord­net wer­den konn­ten, au­ßer­dem seine Ber­li­ner Wohn­adres­se. Ins­ge­samt sol­len 23 Kon­tak­te ver­merkt sein, unter an­de­rem per SMS und MMS, wobei auch eine Vi­deo-Se­quenz mit kin­der­por­no­gra­fi­schem In­halt von Tauss' Handy an den Bre­mer­ha­ve­ner ver­schickt wor­den sein soll. In min­des­tens einem Fall soll Tauss auch eine DVD von dem Nord­deut­schen er­hal­ten haben."

Wie Fefe tref­fend be­ob­ach­tet, be­nutzt Tauss ein iPho­ne - das über­haupt nicht in der Lage ist, MMS zu ver­sen­den. Alles in allem ist der Vor­fall mo­men­tan noch vol­ler Wi­der­sprü­che. Tauss war sich der Pro­ble­ma­tik der Da­ten­spu­ren im Netz voll be­wu­ßt, auch mit Ver­schlüs­se­lungs­tech­ni­ken kann­te er sich aus - wieso soll­te so je­mand sämt­li­che Vor­sicht in den Wind schla­gen? Ich schlie­ße mich mo­men­tan je­den­falls dem Re­sü­mee des Spie­gel­fech­ters an: "Die Af­fä­re Tauss hat nicht nur ein Gschmäck­le, sie stinkt zum Him­mel." Soll­te sich der Ver­dacht je­doch er­här­ten, wäre das ein Bä­ren­dienst in Bezug auf die Netz­fil­te­rei.

Edit: KiPo ist so un­ap­pe­tit­lich, daß jeder bei kla­rem Ver­stand sagt, daß sowas un­ter­bun­den wer­den muß. Dem­entspre­chend ent­steht leicht eine "wer nicht dafür ist, ist da­ge­gen"-Hal­tung... wes­halb der Vor­wurf be­son­ders schwer­wie­gend ist, auch bei einem Frei­spruch bleibt das Image stark an­ge­kratzt. De jure gilt je­mand so lange als un­schul­dig, bis seine Schuld er­wie­sen ist - aber der er­wähn­te Ef­fekt tritt be­reits ein: Der "Da­ten­schutz­be­auf­trag­te" be­schreibt das schön als sub­ti­le Hetze... die He­xen­jagd scheint er­öff­net.