Heute Nachmittag hatte Innenminister Schäuble Vertreter der Größen aus der Telekommunikationsbranche zur Aussprache eingeladen; Kritiker bezeichneten das Vorgehen bereits im Vorfeld als "Einladung zu Kaffee und Kuchen", die meisten Eingeladenen schlugen die Einladung aus, um nicht mit dem Negativ-Image der Telekom in Verbindung gebracht zu werden. Das Ergebnis ist - wie bei einem Kaffeekränzchen nicht anders zu erwarten - zahnlos: In zwei Stufen soll das Problem diskutiert werden - Deeskalation an allen Ecken. Und schärfere Gesetze soll es deswegen auch nicht geben.
Im ersten Schritt soll die Telekom "in den Fachgremien der Branchenverbände berichten", anschließend sollen Stellen wie die Bundesnetzagentur oder der Bundesdatenschutzbeauftragte einbezogen werden - um zu prüfen, ob technische Änderungen ratsam sind. "Das ist in erster Linie eine Fachdiskussion, die die Gremien führen", ergänzt BMI-Staatssekretär Hans Bernhard Beus.
Zusammenfassend klingt das so: Zunächst muß die arme Telekom vor den anderen der Branche ihr Klagelied vortragen und ihre (Un)schuld eingestehen; in dieses Klagelied können dann die anderen bei Bedarf dezent einfallen - nun ist ja keiner mehr allein, man diskutiert ja unter sich, und wenn's alle machen, ist's ja nicht so schlimm, oder? All das soll hinter verschlossenen Türen diskutiert werden, die Öffentlichkeit muß ja nicht alles wissen. Und schärfere Gesetze braucht man auch nicht - sonst könnte ja der Eindruck entstehen, daß die Vorratsdatenspeicherung neue Gefahren öffnet. Deeskalation, Nebelkerzen und Kleinreden eben.
In einem Punkt gebe ich unserem Innenminister sogar recht: Weitere Gesetze brauchen wir tatsächlich nicht; Deutschland genießt zumindest auf dem Papier das Privileg, eines der besten Datenschutzgesetze weltweit zu haben. Das Problem ist die Durchsetzung. Bundesdatenschützer Peter Schaar erwähnt in einem Interview, daß seine Behörde summa sumarum 70 Personen zur Verfügung stehen - dem gegenüber stehen allein über 2.500 Telekommunikationsunternehmen, die zu betreuen sind. Das, was sich meiner Meinung nach ändern müßte, wäre:
- Eine bessere Durchsetzung der bestehenden Rechte. Das Risiko der Entdeckung eines solchen Vergehens muß größer werden. Dies könnte sowohl durch Kontrollen ähnlich dem Lebensmittel-Kontrolldienst in Gaststätten geschehen - dafür müßte man die Datenschützer personell aufstocken. Die aktuelle Whistleblower-Diskussion kann aber ebenfalls hierzu beitragen.
- Die Strafen müssen wehtun. Keine Portokassen-Beträge, und - noch viel wichtiger - ernsthafte Imageschäden müssen die Folge sein. Eine Benachrichtigungspflicht aller Betroffenen sowie eine Melde- und Publikationspflicht aller Vorfälle wären meiner Meinung nach angemessene und geeignete Instrumente.
- Weniger Freizügigkeit mit den Daten, sowohl in der Datenmenge als auch in der Speicherdauer. Daß das gegen das Anlegen weiterer Datengräber wie der Vorratsdatenspeicherung spricht, ist offensichtlich - dementsprechend konsequent ist die erneute Forderung nach der Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung, wie sie bereits von verschiedenen Gruppen und Verbänden gefordert wird.