…und wieder einmal ruht Deutschlands Hoffnung auf dem Bundesverfassungsgericht

Zwei Tief­schlä­ge gegen die Pri­vat­sphä­re in­ner­halb von 24 Stun­den: Zu­erst ver­ab­schie­de­te der Bun­des­tag die Zen­t­ral­da­tei der Steu­er­zah­ler, mit wel­cher jede Per­son von der Ge­burt bis 20 Jahre nach dem Ab­le­ben eine ein­deu­ti­ge Per­so­nen­kenn­zif­fer (näm­lich die Steu­er­num­mer) er­hält; unter die­ser Num­mer wer­den in einem zen­tra­len Re­gis­ter die Lohn­steu­er­da­ten von Ar­beit­ge­ber und -neh­mer ge­spei­chert. Kurz dar­auf wurde - wie be­fürch­tet - das Ge­setz zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung und TK-Über­wa­chung be­schlos­sen. Die all­ge­mei­nen Be­den­ken und Pro­tes­te wur­den ge­flis­sent­lich igno­riert. Wie­der ein­mal wird es wohl die Auf­ga­be des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts sein, Ver­nunft in die An­ge­le­gen­heit zu brin­gen - der AK Vor­rats­da­ten­spei­che­rung sam­melt be­reits Adres­sen für eine Sam­mel-Ver­fas­sungs­be­schwer­de.

Im­mer­hin ein paar Ab­ge­ord­ne­te hat­ten den Mumm, nicht den Ham­mel­sprung mit­zu­ma­chen und aus der Par­tei­li­nie aus­zu­sche­ren (siehe Ab­ge­ord­ne­ten­watch und diese Ab­sch­tim­mungs­lis­te).

Be­son­ders ent­setzt hat mich die un­glaub­li­che Nai­vi­tät und Dreist­heit ei­ni­ger Po­li­ti­ker, die den Geg­nern Hys­te­rie und Pa­nik­ma­che vor­war­fen:

Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin Bri­git­te Zy­pries ver­tei­dig­te bei der knapp ein­stün­di­gen De­bat­te am his­to­risch be­deut­sa­men 9. No­vem­ber die In­itia­ti­ve zur sechs­mo­na­ti­gen Auf­be­wah­rung der Ver­bin­dungs- und Stand­ort­da­ten er­neut mit dem Hin­weis: "Wir sind hier nicht auf dem Weg in den Über­wa­chungs­staat." Es wür­den nur die Daten ge­spei­chert, "die oh­ne­hin ge­ne­riert wer­den".

Der Über­wa­chungs­staat wird genau da­durch zum Über­wa­chungs­staat, indem er an­fal­len­de Daten spei­chert und auf Abruf vor­hält, an­statt sie (da nicht wei­ter be­nö­tigt) so­fort zu ver­wer­fen.

Den Aus­sa­gen von Frau Zy­pries, die neue Re­ge­lung würde nur eine EU-Richt­li­nie in "mi­ni­ma­ler Weise" um­set­zen, und ein Zu­griff sei nur mit rich­ter­li­cher Ge­neh­mi­gung mög­lich, wi­der­spricht die Aus­sa­ge des Bun­des­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten Peter Schaar:

In ver­schie­de­ner Hin­sicht gehe das Ge­setz über die Vor­ga­ben der ent­spre­chen­den EU-Richt­li­nie hin­aus, ins­be­son­de­re bei der Ver­wen­dung der Daten für we­ni­ger schwe­re Straf­ta­ten und ihre Über­mitt­lung an die Nach­rich­ten­diens­te und Ord­nungs­be­hör­den. Im Ge­gen­satz zur Po­li­zei werde die­sen sogar "ohne rich­ter­li­che Prü­fung ein Zu­griff" auf die Da­ten­ber­ge ge­stat­tet.

Ich fühle mich von sol­chen Aus­sa­gen wie denen von Frau Zy­pries schlicht für blöd ver­kauft - oder glaubt sie am Ende selbst, was sie da sagt?

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p>Wei­te­re Re­ak­tio­nen über die Ver­ab­schie­dung des Ge­set­zes zur VDS: