Ok, das hier ist off-topic. Trotzdem möchte ich diese Stelle nutzen, um meinen Unmut kundzutun. Es geht um die Fastenpredikt des "Bruder Barnabas" am Nockherberg.
Es gehört zum Traditionel des Starkbieranstichs auf dem Nockherberg, daß in der "Fastenpredigt" (und dem anschließenden Singspiel) der Politik gehörig die Leviten gelesen werden. Und ich muß sagen: Die Predigt hat manch schallende verbale Ohrfeige ausgeteilt - aber meiner Meinung nach keine zu Unrecht. Und das diesjährige Singspiel (mit Special Guest Star Franz Josef Strauß!) gehörte zu den besten, an die ich mich erinnern kann.
Umso blasser finde ich die Reaktionen, die dem Stück folgten.
Der Eklat entzündete sich an einer Formulierung in der Fastenpredigt, in der er eine apokalyptische Szene für den Umgang der FDP mit ALG-2-Empfängern beschrieb:
"Alle Hartz-IV-Empfänger versammelt er in den leeren, verblühten Landschaften zwischen Usedom und dem Riesengebirge, drumrum ein großer Zaun (...) Und über'm Eingang steht (...) in großen eisernen Lettern: 'Leistung muss sich wieder lohnen.'"
Die ganze Szene ist glücklicherweise bei Youtube ab Minute 2:47 konserviert.
Die Reaktionen darauf finde ich irgendwo zwischen dünnhäutig und humorlos. Der Zentralrat der Juden bezeichnet den Auftritt als "Schande", und Guido Westerwelle läßt verlauten, daß er in Zukunft keine Einladung zum Nockherberg mehr wünscht. Den beiden möchte ich gerne sagen: Auch in der Politik, und insbesondere bei Veranstaltungen wie dem Nockherberg, muß auch ein gehöriges Stück Satire und Sarkasmus vertragen werden können.
Das schwächste Rückgrad hat jedoch das Bayrische Fernsehen bewiesen: Ich habe die Fastenpredigt erst in der Wiederholung am letzten Freitag gesehen - und natürlich auf die kritisierte Passage gewartet. Aus der Presse waren ja nur Zitate zu hören, und ich wollte - wenn schon - den gesamten Zusammenhang hören. Aber: Die Fastenpredigt verging, ohne daß mir der Spruch aufgefallen wäre. Ich konnte es nicht glauben, aber inzwischen ist auch in der Presse zu lesen, daß der BR die Passage in der Wiederholung herausgeschnitten hatte. So wenig Rückgrat und eine solche Art von Selbstzensur hätte ich in Deutschland nicht erwartet! In puncto politisch neutraler Berichterstattung würde ich sowas als Totalversagen bezeichnen. Aber wie gesagt: Youtube sei dank kann man sich die herausgeschnittenen Sätze nochmals anhören, die der BR mit einer eher dünnen Begründung ("Die Wiederholung des zweieinhalbstündigen Live-Materials habe auf zwei Stunden gekürzt werden müssen.") aus der Sendung entfernt hatte. Lieber BR: Aus "übergeordneten Gründen" klingt nicht nach Unabhängigkeit der Presse! Gerade "auf die inkriminierten Passagen zu verzichten" halte ich für falsch - die Öffentlichkeit soll sich selbst ein Bild machen können, anstatt nur vorgekaute Meinungen und gekürzte Zitate in der Presse zu lesen.
Ich kann es Michael "Barnabas" Lerchenberk nicht verdenken, daß er unter solchen Umständen für weitere Fastenpredigten nicht mehr zur Verfügung steht - in der Tat, das muß er sich nicht geben. Trotzdem schade, denn ich habe seine Predigten sehr genossen.