Amok-Prävention per Beobachtungs-Kartei

Der Bund plant Früh­warn­sys­tem gegen Amok­läu­fe: An Schu­len sol­len auch erste An­zei­chen für eine mög­li­che Ge­walt­tat re­gis­triert und ge­sam­melt wer­den:

An jeder Schu­le soll ein Leh­rer als Prä­ven­ti­ons­be­auf­trag­ter be­nannt wer­den, bei dem alle In­for­ma­tio­nen über ver­däch­ti­ge Vor­gän­ge zu­sam­men­lau­fen. Au­ßer­dem soll bun­des­weit ein te­le­fo­nisch er­reich­ba­res Be­ra­tungs­an­ge­bot bei Ge­waltan­kün­di­gun­gen zur Ver­fü­gung ste­hen.

Na, das wird ja eine lus­ti­ge Da­ten­samm­lung - denn, wie die Ex­per­ten selbst fest­stel­len, rei­chen die ers­ten An­zei­chen weit in der Zeit zu­rück:

Der Ex­per­te er­klär­te, dass es sich bei den Amok­läu­fen der ver­gan­ge­nen Jahre stets um "lange ge­plan­te Taten mit Tö­tungs­ab­sicht" ge­han­delt habe, nicht um spon­ta­ne Ak­tio­nen. Ex­tre­me Ge­walt­ta­ten an Schu­len hät­ten oft "ein Vor­spiel von meh­re­ren Jah­ren"

Und das soll jetzt mit einer zen­tra­len Da­ten­sam­mel­stel­le pro Schu­le ge­flickt wer­den... und der darf aus der Menge an be­lang­lo­sen In­for­ma­ti­ons­fet­zen (und mög­li­cher­wei­se in de­nun­zie­ren­der Ab­sicht ge­äu­ßer­ter Fehl­in­for­ma­tio­nen) die­je­ni­gen her­aus­fin­den, die tat­säch­lich zu sol­chen Taten nei­gen könn­ten.

Aber hier­für sol­len die Päd­ago­gen ja wei­ter­ge­bil­det wer­den: Alle Leh­rer sol­len an einer zwei­stün­di­gen Un­ter­rich­tung teil­neh­men, um Vor­bo­ten dro­hen­der Ge­walt durch auf­fäl­li­ge Schü­ler ein­schät­zen und Ge­gen­maß­nah­men tref­fen zu kön­nen.

Wow! In zwei Stun­den alle An­zei­chen - und auch noch die Ge­gen­maß­nah­men! Man ver­zei­he mir den Sa­kras­mus, aber selbst mit Druck­be­tan­kung mit dem Nürn­ber­ger Trich­ter dürf­te das knapp wer­den.

Ich glau­be nicht, daß sich so ernst­haft etwas be­we­gen läßt. Wie der Ex­per­te selbst fest­stellt, sind die An­zei­chen teil eines über meh­re­re Jahre dau­ern­den Pro­zes­ses. Den kön­nen die Leh­rer aber nicht be­ob­ach­ten, sehen sie ihre Schü­ler meist nur ein oder zwei Schul­jah­re lang zu einer hand­voll Schul­stun­den pro Woche. Viel ef­fek­ti­ver wäre es, wenn man dafür sor­gen würde, daß Leh­rer auch ain Stück weit Ver­trau­ens- oder Be­zugs­per­son für die Schü­ler sein kön­nen. Wenn Leh­rer die Chan­ce hät­ten, ihre Schütz­lin­ge nicht nur flüch­tig ein Schul­jahr lang ken­nen- und ein­schät­zen zu ler­nen. Wenn ver­schlis­se­ne Päd­ago­gen wie­der re­ge­ne­rie­ren könn­ten, und des­in­ter­es­sier­te Leh­rer einem an­de­ren Tä­tig­keits­be­reich zu­ge­ord­net wer­den wür­den.

Statt­des­sen wird ein wei­te­rer Back­stein auf die Mauer zwi­schen Leh­rern und Schü­lern ge­legt; es wird ge­plant, noch mehr zu über­wa­chen und zu kon­trol­lie­ren; ich fürch­te, so etwas för­dert eine Kul­tur des ge­gen­sei­ti­gen Mi­ß­trau­ens. Und das ist si­cher­lich nicht för­der­lich für die Ver­hin­de­rung von Kurz­schlu­ß­re­ak­tio­nen und Ge­walt. Von den Da­ten-GAUs und Miß­brauchs­mög­lich­kei­ten, die mit den ge­sam­mel­ten Be­ob­ach­tun­gen pas­sie­ren kön­nen, will ich noch gar nicht reden...