Vorgestern habe ich über die BND-IP-Adreßbereiche bei Wikileaks geschrieben; eben wollte ich mich über den Fortgang der Dinge erkundigen - und mache dabei eine erstaunliche Entdeckung: Google entfernt offenbar meinen Blog-Artikel aus den Suchtreffern.
Von Google zensiert?
Darauf gekommen bin ich, weil ich mir die Logeinträge durchgesehen habe (ich war neugierig, von wo die Leute auf den Artikel zugreifen). Dabei fiel auf, daß seit gestern mittag die Google-Treffer stark abnehmen. Und folgender Logeintrag stach ins Auge:
195.243.248.XXX - - [14/Nov/2008:11:11:30 +0100] "GET /2008-11-14-schlapphutbesuch-auf-eigenen-webseite HTTP/1.0" 200 16370 "<a href="http://www.google.de/search?hl=de&as_qdr=m&q=bnd+ip&start=10&sa=N">http://www.google.de/search?hl=de&as_qdr=m&q=bnd+ip&start=10&sa=N</a>" "Mozilla/5.0 (Windows; U; Windows NT 5.1; de; rv:1.9.0.3) Gecko/2008092417 Firefox/3.0.3"
"Ha, der Comicleser vom BND war nochmals auf Besuch" dachte ich mir mit einem inneren Grinsen. Letzteres verging mir, als ich die Googlesuche aufrief. Unter dieser befand sich der Hinweis:
Aus Rechtsgründen hat Google 4 Ergebnis(se) von dieser Seite entfernt. Weitere Informationen über diese Rechtsgründe finden Sie unter ChillingEffects.org.
Der Info-Link sagt: "German regulatory body reported illegal material"
Daß meine Seite nicht mehr auf der zweiten Trefferseite zu finden war, mußte nichts heißen - immerhin gab es inzwischen hunderte Artikel. Aber eine Site-bezogene Suche (eingegrenzt durch site:stefan.ploing.de) lieferte bei mir zunächst gar keine Treffer, bei einem Bekannten nur die Hauptseite des Blogs (nicht aber die URL des Artikels selbst). Als Gegenprobe suchte ich nach einem Artikel mit einem markanten Wort im Titel - hier bekam ich bei der Site-Suche wie erwartet zwei Treffer, einmal die Startseite und einmal der Artikel.
Klar, kann alles ein Mißverständnis und ein Fall überzogener Paranoia sein. Oder ist mein Blogartikel einer der vier entfernten Suchtrefffer? Komisch, denn ich hatte weder die IP-Daten selbst veröffentlicht noch besonders kritische Töne angeschlagen. Naja, warten wir's ab, wie sich das ganze entwickelt.
Edit: Seit Montag nacht (17.11., getestet um 23:30h) ist die Seite wieder unter den Suchtreffern.
Weitere Reaktionen
Die Telekom hat inzwischen bei Wikileaks um die Löschung des PDFs gebeten - und so die Authentizität des Dokuments indirekt untermauert. Die Korrektheit der Informationen belegt auch die Notfallsäuberung der RIPE-Einträge:
"T-Systems bereinigte die RIPE-Datenbank von allen Netzwerken, die durch Wikileaks enthüllt wurden und verschob die Adressen in verschiedene grosse Adresspools, um somit die Zuweisung zu anonymisieren. Die Pools geben ausser ihrer Zugehörigkeit zu T-Systems keine Auskunft über ihre interne Struktur. "
Offenbar sind die Auswirkungen des Leaks nicht so gravierend, daß sie zu einem Providerwechsel geführt hätten ;-)
Ravenhorst schreibt ebenfalls einen sehr schönen Artikel über den Vorfall und schließt zunächst (ebenso wie ich), daß er ein Verbannen der BND-IPs von seiner Webseite für unnütz erachtet. Er diskutiert jedoch weitere Fälle und Situationen, in welchen so etwas sinnvoll sein kann.
Ansonsten haben viele Leute nach den IP-Adressen gesucht; sowohl mit dem Wikiscanner gab es einige interessante Ergebnisse, als auch mit einfacher Google-Suche - eigentlich erschreckend, wie viele Leute ihre Logdaten (und die Ergebnisse von Log-Analyzers) frei zugänglich lassen.