Google Street View erlaubt es dem Benutzer von Google Maps, nicht nur einen Blick vom Satellit auf eine Gegend zu werfen - man kann sich auch aus Perspektive der Straße ringsherum umsehen. Dazu fährt Google die Straßen ab und fertigt alle zig Meter Fotos in mehrere Richtungen an. Was auf den ersten Blick eine nette Spielerei ist (hey, schon mal das Hotel angucken, wohin die nächste Reise führt), führt rasch übers voyeristische zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Die Google-Autos erwischen alles: Vom Fahrradsturz des Juniors und sonnenbadende, barbusige Schönheiten, über Nasebohrer und tiefen Einblicken in die Unterwäsche bis hin zu Striplokal-Kunden, Einbrechern und Schießereien auf offener Straße. In Schleswig-Holstein wehren sich Datenschutzaktivisten gegen die nun auch dort herumfahrenden Google-Streetview-Cars; das Landeszentrum für Datenschutz hält die Erfassung für rechtswidrig. Aufgrund der Proteste hat Google das Projekt vorerst zurückgestellt.
Bereits die hohe Auflösung der Satellitenbilder von Google Maps ist ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite gibt es sicher eine Reihe sehr sinnvoller Anwendungen, auf der anderen Seite treibt es merkwürdige Blüten wie die Spontan-Pool-Parties (ohne Einverständnis der Besitzer). Google Street View eröffnet eine weitere Dimension an Details: Die Ansichten geben Auskunft über den Wohlstand des Wohngebiets, Zustand der Häuser oder Einbruchsmöglichkeiten.
Ich bin kein Jurist, jedoch habe ich mich ein wenig mit dem "Recht am Bild" auseinandergesetzt. Die allgemeinen Regelungen für Fotos gelten für den öffentlichen Raum (auf Privatgrundstück kann der Inhaber des Hausrechts weitere Beschränkungen vornehmen - so kann der Veranstalter von Konzerten beispielsweise das Fotografieren gänzlich untersagen). Hier gilt, daß Gebäude fotografiert werden dürfen, sofern sie frei einsichtig sind - was ja bei Googles Kameraautos gegeben ist; Ausnahmen gelten für Kunstwerke (Beispiel: Bilder vom Verhüllten Reichstag). Sind Personen auf dem Bild erkennbar, so sind diese vor Veröffentlichung um Einverständnis zu fragen - sie besitzen ein Recht am eignenen Bild. Ausnahmen gibt es für Personen des öffentlichen Interesses, wenn die Personen nur als "Beiwerk" erscheinen (Beispielsweise bei Landschaftsaufnahmen) oder bei Versammlungen oder Umzügen, an denen man teilgenommen hat (hier haben die Teilnehmer damit zu rechnen, daß sie fotografiert werden).
Google könnte meiner Meinung nach allenfalls versuchen, sich auf die Beiwerk-Klausel zu berufen; allerdings entstehen die Bilder automatisch und ohne Bewertung durch einen Menschen, so daß es sehr wahrscheinlich ist, daß ein Mensch bei einem Bild sehr wohl in den Vordergrund rückt - egal, ob dies nun zufällig geschieht oder nicht. Egal, wie die Rechtslage genau aussieht: Ich meine, daß mit Google Street View die Linie des guten Geschmacks und dem Respekt vor der Privatsphäre anderer deutlich überschritten ist - und ich wäre froh, wenn sich Google hier ein juristisches blaues Auge einfängt.
(Foto von byrion)