Google Chrome - unter der Hochglanz-Oberfläche

Goog­le hat seine Web­brow­ser-Ent­wick­lung "Goog­le Chro­me" ver­öf­fent­licht - nach alter Fir­men­tra­di­ti­on als "Beta"-Ver­si­on. Die ers­ten Test­mel­dun­gen über­schla­gen sich: Goog­le Chro­me wäre so­wohl beim Sei­ten­auf­bau als auch beim Aus­füh­ren von Ja­va­Script der schnells­te Brow­ser. Nach knapp 24 Stun­den kamen dann aber die ers­ten Ne­ga­tiv-Mel­dun­gen: Mit dem Da­ten­schutz geht Goog­le reich­lich gro­ßzü­gig um - unter der Hoch­glanz-Ober­flä­che lau­ert so man­che übel­rie­chen­de Tret­mi­ne.

Jede Brow­ser­in­stal­la­ti­on er­hält eine ei­ge­ne, ein­deu­ti­ge Se­ri­en­num­mer - diese wird bei jedem Up­date sowie bei Feh­ler­be­rich­ten an Goog­le über­tra­gen. Der Be­nut­zer wird also für Goog­le ein­deu­tig iden­ti­fi­zier­bar - ana­log zum "Goog­le Coo­kie", nur daß hier auch kein Lö­schen der Coo­kies und auch kein Plu­gin hillft.
Aus Da­ten­schutz-Sicht ist auch die (per De­fault ak­ti­vier­te) Funk­ti­on "Goog­le Sug­gest" gru­se­lig: Jeder Tas­ten­druck, jeder Tipp­feh­ler in der URL-Zei­le wan­dert zu Goog­le - selbst, wenn man sich ent­schlie­ßt, die Sei­ten­an­fra­ge über­haupt nicht ab­zu­schi­cken. "Goog­le Sug­gest" ver­sucht an­hand des URL-Teils zu er­ah­nen, wel­che Web­sei­te der Be­nut­zer meint; Googles Vor­teil ge­gen­über an­de­ren Brow­ser-Her­stel­lern ist ein sehr um­fang­rei­cher Index des Webs - so ist es aus Sicht von Tech­nik und Mar­ke­ting nur kon­se­quent, diese Daten auch zu nut­zen. Doch auch bei die­sen An­fra­gen wird ein Coo­kie mit­ge­schickt - ob die­ses Coo­kie mit dem Goog­le-Coo­kie oder der Chro­me-Se­ri­en­num­mer über­ein­stimmt, habe ich noch nicht aus­fin­dig ma­chen kön­nen.
Up­date: Chro­me in­stal­liert einen Win­dows-Ser­vice "Goo­gleUp­date", der auch noch nach De­instal­la­ti­on von Chro­me nach Hause te­le­fo­nie­ren will (si­cher nur ein Ver­se­hen und ein Bug der Beta - oder?)
Googles Mar­ke­ting preist Chro­me als Open-Sour­ce-Brow­ser an; ein ge­naue­rer Blick wirft je­doch Zwei­fel auf - das Pro­jekt zu Goog­le Chro­me fir­miert unter dem Namen Chro­mi­um, und im­mer­hin ist der von Gool­ge er­stell­te Teil unter einer BSD-Li­zenz... über Goog­le Chro­me selbst sagt die Web­sei­te je­doch nur: "Goog­le Chro­me is built with open sour­ce code from Chro­mi­um." Was also sonst noch in Gool­ge Chro­me steckt, ist nicht nach­voll­zieh­bar
Den an­fäng­li­che We-own-you-Pas­sus aus den Li­zenz­be­stim­mun­gen (nach­dem Goog­le sämt­li­che Rech­te an allem, was man in bzw. mit dem Brow­ser schreibt, er­hält) hat Goog­le in­zwi­schen ent­fernt und sich ent­schul­digt - es habe sich um einen Copy-'n-Pas­te-Feh­ler ge­han­delt.

All diese Vor­ge­hens­wei­sen pas­sen genau ins Goog­le-Mus­ter - so­wohl po­si­tiv wie ne­ga­tiv. Die Firma Goog­le be­treibt ihr Ge­schäft kom­plett im Netz, und wer den Brow­ser kon­trol­liert, kon­trol­liert auch die Sicht auf das Netz. Fi­re­fox-Plug­ins wie Cust­o­mi­ze Fi­re­fox oder Ad­Block sind da si­cher­lich keine gern ge­se­he­nen Zeit­ge­nos­sen, und auch Mi­cro­soft ver­sucht immer wie­der, stär­ker mit WWW-Tech­no­lo­gi­en Fuß zu fas­sen. Von daher ist der Vor­stoß mit einem "Goog­le-Brow­ser" mehr als lo­gisch. Die Ver­öf­fent­li­chung als (ver­meint­li­ches) Open-Sour­ce-Pro­jekt sorgt für eine po­si­ti­ve Be­richt­er­stat­tung. Da der Brow­ser­markt be­reits gut be­setzt ist, braucht ein neuer Brow­ser Al­lein­stel­lungs­merk­ma­le, wel­che die Nut­zer dazu be­we­gen, die­sen an­statt der bis­he­ri­gen Soft­ware zu ver­wen­den. Fi­re­fox punk­tet mit dem Ro­bin-Hood-Image im Kampf gegen den In­ter­net-Ex­plo­rer, der hö­he­ren Si­cher­heit ge­gen­über dem IE und einer Fülle von Plug­ins und Er­wei­te­run­gen. Goog­le möch­te der schnells­te Brow­ser sein; Chro­me kon­zen­triert sich auf die Kern­funk­tio­na­li­tät, möch­te diese aber so kom­for­ta­bel und ein­fach wie mög­lich ma­chen (die Sache mit der Si­cher­heit muß sich nach Auf­tau­chen der ers­ten Schwach­stel­len noch zei­gen). Und schlie­ß­lich be­treibt Goog­le eine Such­ma­schi­ne, und so ist es selbst­ver­ständ­lich, daß Chro­me diese Da­ten­ba­sis zu sei­nem Vor­teil be­nutzt.
Auf der an­de­ren Seite geht Goog­le (wie immer) sehr gro­ßzü­gig mit den Daten des Be­nut­zers um. Die Chro­me-ID und die Über­tra­gung der URL-Tei­le für "Goog­le Sug­gest" er­ge­ben eine Fülle von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten, wel­che das (be­reits sehr um­fang­rei­che) Per­sön­lich­keits­pro­fil von Such­an­fra­gen bei Goog­le noch­mals deut­lich ver­fei­nern. Aber na­tür­lich, "don't be evil" - Goog­le "braucht" diese Daten ein­fach, und würde damit nie­mals etwas böses an­stel­len...

Wer wei­te­re kri­ti­sche Kom­men­ta­re rund um Goog­le Chro­me lesen möch­te: Bei F!XMBR fin­det man einen Über­blick.