Keine Zensur während der olympischen Spiele?

Was für ein Brül­ler! Men­schen­rech­te und Zen­sur sind eine Sa­la­mi, die von zwei Enden klein­ge­schnib­belt wird:
Auf der einen Seite China. Man lä­chelt nett vor der Ka­me­ra und dem IOC, auf der an­de­ren Seite macht man das, was man oh­ne­hin schon immer ge­macht hat. Be­richt­ver­bot aus Tibet (Rund­gang für Re­por­ter nur unter chi­ne­si­scher Auf­sicht), die Sport­ler wer­den ge­zwun­gen, im olym­pi­schen Dorf zu woh­nen (klar, Mau­ern und Sta­chel­draht drum­her­um sind nur zu ihrer ei­ge­nen Si­cher­heit), und der In­ter­net­zu­gang bleibt selbst für die aus­län­di­schen Jour­na­lis­ten kas­triert.
Auf der an­de­ren Seite schnei­det das IOC flei­ßig Scheib­chen: Ur­sprüng­lich woll­te man mit Olym­pia die Men­schen­rechts­la­ge in China ver­bes­sern. In­zwi­schen ist klar, daß von die­sem Fei­gen­blatt-Ide­al nicht mehr viel übrig blei­ben wird: Selbst den Re­por­tern, denen ur­sprüng­lich freie Re­cher­che­mög­lich­kei­ten im In­ter­net zu­ge­si­chert wur­den, wer­den kei­nen un­zen­sier­ten Zu­gang zum Netz be­kom­men. Der Prä­si­dent des IOC hatte mit sei­nem Schwei­gen zu den Vor­wür­fen die Zen­sur quasi ab­ge­nickt, und auch seine an­schlie­ßen­den Kom­men­ta­re vor der Pres­se waren ähn­lich blaß: Sport­sei­ten wür­den ja nicht zen­siert, und die Sport­re­por­ter soll­ten ja nur über das Sport­er­eig­nis be­rich­ten. Und im üb­ri­gen könne man den Chi­ne­sen ja nicht vor­schrei­ben, was sie zu tun und zu las­sen hät­ten. Auf­grund der welt­wei­ten Re­so­nanz wurde er Zu­griff etwas ge­lo­ckert, aber noch immer wer­den viele Sei­ten blo­ckiert.

Was bleibt übrig? Hin­ter dem stark ge­schrumpf­ten Fei­gen­blatt spitzt mehr und mehr die Kom­merz­ma­schi­ne her­aus, die hin­ter Olym­pia steckt: Über­tra­gungs­rech­te, Pro­duct Pla­ce­ment, Wer­bung, Sport­ar­ti­kel... all das ist ein Rie­sen­ge­schäft. Den Aus­spruch vom Aus­ver­kauf der oly­mi­schen Idee hört man immer häu­fi­ger. Ich bin ge­spannt, wo diese Farce noch hin­führt. Der Ka­ri­ka­tu­rist Ste­ven Flier hat das in sei­nem ak­tu­el­len Comic "Neues vom apo­ka­lyp­ti­schen Rei­ter" sehr schön auf den Punkt ge­bracht:

P.S.: Wer sich dafür in­ter­es­siert, wie die "Great Fire­wall of China" tech­nisch funk­tio­niert: Der Deutsch­land­funk hatte hier­zu eine Ver­tre­te­rin des CCC als In­ter­view­gast (bei Netzpolitik.​org auch als mp3). Bis vor ge­rau­mer Zeit gab es eine Test­web­sei­te, mit der man die Er­reich­bar­keit einer URL aus China tes­ten konn­te - das Tool ist lei­der in­zwi­schen off­line.