Ausweispflicht in Internetcafes

Der SWR be­rich­tet über ein Ar­beits­pa­pier, in dem der Ver­fas­sungs­schutz ein Re­su­me über die "Sau­er­land­grup­pe" zieht. Die Grup­pe hatte für Sep­tem­ber 2007 einen An­schlag ge­plant (für den Spreng­satz soll­te Was­ser­stof­per­oxid ver­wen­det wer­den), die Er­mitt­lungs­be­hör­den wur­den je­doch dar­auf auf­merk­sam und konn­ten trotz ei­ni­ger Schwie­rig­kei­ten den An­schlag ver­hin­dern und die Draht­zie­her fest­neh­men. In dem Ar­beits­pa­pier for­dert der Ver­fas­sungs­schutz nun wei­ter­ge­hen­de Kom­pe­ten­zen und Re­ge­lun­gen - unter an­de­rem eine Aus­weis­pflicht für In­ter­net­ca­fe-Be­su­cher, ganz nach dem Vor­bild Ita­li­ens.

Das klingt kon­se­quent: Schlupf­loch in der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung sind an­ony­me Zu­gän­ge - wie eben In­ter­net­ca­fes. Also muß man auch hier pro­to­kol­lie­ren, wer zu wel­cher Zeit wel­che IP be­nutzt hat. Sel­bi­ges muß na­tür­lich auch an den kom­for­ta­blen WLAN-Hot­spots in Cafes und Ho­tels ge­sche­hen - die Gast­wir­te wer­den zwar jam­mern, aber das Nicht­rau­cher­ge­setz dürf­te die Lei­dens­fä­hig­keit schon aus­rei­chend trai­niert haben. Übrig blei­ben ver­se­hent­lich un­ge­si­cher­te WLANs von Pri­vat­haus­hal­ten - aber die sind dank bes­ser vor­kon­fi­gu­rier­ten Rou­tern und der Dro­hung mit der ju­ris­ti­schen Keule (Stö­rer­haf­tung) eben­falls vom Aus­ster­ben be­droht.

Aber sind dies alle Schlupf­lö­cher? Es gibt noch viele wei­te­re: Nut­zung von An­ony­mi­sie­rungs­net­zen, ge­ziel­tes An­mie­ten von Rech­nern im Aus­land (wel­che dann als Relay ver­wen­det wer­den), um nur ei­ni­ge zu nen­nen. Oder aber man fin­det doch ein of­fe­nes WLAN, knackt ein schwa­ches WLAN-Paß­wort oder in­fi­ziert einen Heim-PC mit einem tro­ja­ni­schen Pferd, wel­ches den Rech­ner zum Relay für die Ter­ro­ris­ten macht. Ab­ge­se­hen von den be­reits be­kann­ten Be­gehr­lich­keits-Phä­no­me­nen bei sol­chen Da­ten­samm­lun­gen: Je enger das Über­wa­chungs­netz ge­zo­gen wird, desto fa­ta­ler sind die Fol­gen, falls je­mand die­ses Netz "ein­rei­ßt" - man stel­le sich vor, in wel­chem Recht­fer­ti­gungs­druck ein Pri­vat­mensch steht, des­sen WLAN von Ter­ro­ris­ten miß­braucht wurde... (Bruce Schnei­er schil­dert in sei­nem Blog, wes­halb er ein of­fe­nes WLAN be­treibt - und dies ist eines der Ar­gu­men­te)

Auf der an­de­ren Seite liest man in der Ma­nö­ver­kri­tik des nie­der­säch­si­schen In­nen­mi­nis­ters: "Jetzt rächt sich, dass wäh­rend der 1990er-Jah­re die Si­cher­heits­be­hör­den per­so­nell aus­ge­dünnt wur­den." Es mußte Per­so­nal von ver­schie­dens­ten an­de­ren Stel­len (ins­be­son­de­re der Ab­tei­lung "Or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät") ab­ge­zo­gen wer­den, um die Über­wa­chung durch­füh­ren zu kön­nen. Zur Zeit der Er­mitt­lun­gen war die Po­li­zei ge­gen­über Vor­ha­ben der Mafia kom­plett blind.

Wäre es also nicht sinn­vol­ler, aus­rei­chend Per­so­nal für "gute alte Po­li­zei­ar­beit" zur Ver­fü­gung zu stel­len, an­statt stän­dig neue Über­wa­chungs­rech­te und grö­ße­re Da­ten­ber­ge an­zu­häu­fen - zu deren Aus­wer­tung dann wo­mög­lich wie­der­um zu wenig qua­li­fi­zier­tes Per­so­nal zur Ver­fü­gung steht?