Schäuble auf dem BND-Symposium

Die Zeit stellt äu­ßerst tref­fend fest:
"Es ist eine in­ter­es­san­te Ko­in­zi­denz: Vor we­ni­gen Tagen erst ver­füg­te die Bun­des­re­gie­rung einen kom­plet­ten Umbau des Bun­des­nach­rich­ten­diens­tes. Die Um­struk­tu­rie­rung soll dafür sor­gen, dass der Aus­lands­ge­heim­dienst künf­tig bes­ser kon­trol­liert und enger ans Bun­des­kanz­ler­amt an­ge­bun­den wird, das die Auf­sicht führt. (...) Am Don­ners­tag nun ver­kün­det der Dienst auf sei­nem jähr­li­chem Sym­po­si­um in Ber­lin Schre­ckens­vi­sio­nen, die ganz ne­ben­bei deut­lich mach­ten, wie wich­tig es sei, einen sol­chen Ge­heim­dienst zu haben."
Der Ar­ti­kel ist le­sens­wert, so­viel Sar­kas­mus war ich von einem Be­richt in der "Zeit" gar nicht ge­wöhnt...
Als Red­ner war auch In­nen- und Ver­fas­sungs­mi­nis­ter Schäu­b­le ge­la­den. Und der hat wie­der ein­mal in die Vol­len ge­grif­fen:

  • "Man­che hal­ten das Tren­nungs­ge­bot (zwi­schen Po­li­zei und Ge­heim­dienst) fast schon für einen Ver­fas­sungs­grund­satz." Er habe es aber im Grund­ge­setz nicht ge­fun­den.
  • Die Un­ter­schei­dung eines Völ­ker­rech­tes im Frie­den und eines Völ­ker­rech­tes im Krieg ent­sprä­che nicht mehr der Rea­li­tät.
  • "Wir soll­ten die Leis­tungs­fä­hig­keit des Bun­des­nach­rich­ten­diens­tes nicht durch par­la­men­ta­ri­sche Un­ter­su­chungs­aus­schüs­se ge­fähr­den."

Viel­leicht soll­te je­mand un­se­rem Hüter der Ver­fas­sung ein­mal etwas Nach­hil­fe geben. Das Tren­nungs­ge­bot steht zwar nicht wort­wört­lich in der Ver­fas­sung, wurde je­doch schon sehr früh di­rekt aus die­ser vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ab­ge­lei­tet - im Ra­ven­horst gibt es einen sehr schö­nen Ar­ti­kel über die Wur­zeln des Tren­nungs­ge­bots.

Das Völ­ker­recht im Frie­den äch­tet den Ein­satz von Ge­walt ("Krie­ge sind grund­sätz­lich völ­ker­rechts­wid­rig") und er­laubt nur die Selbst­ver­tei­di­gung im Falle eines be­waf­fen­ten An­griffs - bis der Si­cher­heits­rat er­for­der­li­che Maß­nah­men ge­trof­fen hat. Das Kriegs­völ­ker­recht hin­ge­gen re­gelt nur noch den Fall der Fälle: Den Um­gang mit Kom­bat­tan­ten und Zi­vi­lis­ten. Es be­inhal­tet Vor­schrif­ten, wel­che die mit einem Krieg ver­bun­de­nen Lei­den und Schä­den ver­min­dern oder auf ein un­ver­meid­ba­res Maß be­schrän­ken sol­len. Die ge­for­der­te Auf­he­bung be­grün­det sich dar­auf, daß Ter­ro­ris­mus nicht mit einem In­va­si­ons­krieg ver­gleich­bar ist, Ter­ro­ris­ten tra­gen den Krieg un­be­merkt ins ei­ge­ne Land. Die Kon­se­quenz der Auf­he­bung wäre ein stän­di­ger "Kriegs­zu­stand im Stand­by-Mo­dus". Skep­ti­ker (und si­cher auch eine Reihe Ärzte) wür­den eine "der Feind ist immer und über­all"-Hal­tung als blan­ke Pa­ra­noia be­zeich­nen.

Der Gip­fel ist aber die Aus­sa­ge, daß Un­ter­su­chungs­aus­schüs­se die Ar­beit des BND nicht ge­fähr­den sol­len. Ge­ra­de jetzt, wo der BND den Ver­such un­ter­nimmt, seine Ver­gan­gen­heit auf­zu­ar­bei­ten, soll­te klar sein, daß sol­che Kon­trol­le wich­tig ist. Daß es da ei­ni­ge un­schö­ne Ka­pi­tel gibt, wurde in dem Buch Die Brau­nen Wur­zeln des BKA ja ge­zeigt; und auch spä­ter gab es in der Ge­schich­te des BKA mehr als einen Skan­dal. Dies sind die Grün­de, wes­halb der BND mo­men­tan um­struk­tu­riert wer­den soll: Es soll eine bes­se­re Kon­trol­le des Diens­tes geben.

Un­ter­su­chungs­aus­schüs­se sind na­tür­lich für die Be­tei­lig­ten nicht an­ge­nehm - aber in einer De­mo­kra­tie drin­gend not­wen­dig. Eine solch mäch­ti­ge Be­hör­de ohne Kon­trol­le mau­sert sich sonst leicht zum "Staat im Staat". Die Mut­ma­ßung, daß man­che Leute so etwas an­stre­ben, liegt lei­der nahe...

Wei­te­re Ar­ti­kel zum Thema: Trom­meln für einen an­de­ren Staat, Kurze Notiz bei Netz­po­li­tik, Kom­men­tar von Fefe

Edit: Bei schattenblick.​de be­fin­det sich ein Tran­script der Schäu­ble­schen Rede. Der Pas­sus mit den Un­ter­su­chungs­aus­schüs­sen wird dort an­ders zi­tiert - ich weiß nicht, ob die Zeit nicht kor­rekt zi­tiert hat oder die Rede nicht im Wort­laut des Ma­nu­skripts ge­hal­ten wurde.