Keine Ermittlung des Anschlussinhabers bei Filesharing

Ein Rich­ter hat eine An­fra­ge an den Pro­vi­der zur Er­mitt­lung der Be­nut­zer­da­ten einer IP-Adres­se wegen "of­fen­sicht­li­cher Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit" un­ter­sagt. Das dürf­te die Con­tent-In­dus­trie eher we­ni­ger freu­en :-) Ab­ge­se­hen davon, daß der Rich­ter die Flu­tung der Ge­rich­te mit "Ba­ga­tell­kri­mi­na­li­tät" mo­niert, folgt er einer Ar­gu­men­ta­ti­ons­li­nie, die viele als "ge­sun­den Men­schen­ver­stand" be­zeich­nen wür­den. Of­fen­sicht­lich be­steht also doch noch ein Rest­fun­ke Hoff­nung für die­ses Land... (Edit: In einem wei­te­ren Bei­trag mel­det Heise, daß es sol­che - teils noch schär­fer for­mu­lier­ten - Re­ak­tio­nen sei­tens der Ge­rich­te schon mehr­fach gab)

Was der Rich­ter be­klagt:

  • Es geht im Kern der Sache gar nicht um die straf­recht­li­che An­zei­ge, son­dern in ers­ter Linie um Name und Adres­se der Be­nut­zer, um sie auf zi­vil­recht­li­chem Wege ab­mah­nen zu kön­nen.
  • Bei den Daten des An­schlu­ß­in­ha­bers han­de­le es sich um sog. Ver­kehrs­da­ten, die vom Fern­mel­de­ge­heim­nis ge­schützt sind. Das werfe die Frage nach der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit auf.
  • Die Rech­nung der Mu­sik­in­dus­trie, daß x il­le­ga­le Down­loads zum re­gu­lä­ren Preis von je y Euros einen Scha­den von x*y Euros er­ge­ben wür­den, sei eine Milch­mäd­chen­rech­nung: Ein An­ge­bot (wie ein po­ten­ti­ell il­le­ga­ler Down­load), das für den Nut­zer kos­ten­los sei, würde na­tür­lich häu­fi­ger ge­nutzt als ein kos­ten­pflich­ti­ges An­ge­bot
  • Zu allem Über­fluß wäre das Be­weis­mit­tel für die il­le­ga­le Ak­ti­vi­tät ein ein­zel­ner Down­load eines ein­zi­gen Mu­sik­stücks, so daß man hier über einen Scha­den von höchs­tens ei­ni­gen we­ni­gen Euros reden würde.
  • Die Vor­sätz­lich­keit des Nut­zers stell­te der Rich­ter eben­falls in Frage. Viele Nut­zer wü­ß­ten gar nicht, daß die ver­wen­de­te Soft­ware Down­loads auch au­to­ma­tisch wie­der zum Upload be­reit­stel­le.

Eine Ba­ga­tel­le mit ge­rin­ge Scha­dens­sum­me, au­to­ma­ti­sier­te Mas­sen­ab­mah­nun­gen sowie der of­fen­sicht­li­che Hin­ter­ge­dan­ke, daß es dabei ei­gent­lich nur um die Pro­vi­der­aus­kunft gehe - all das seien Ar­gu­men­te dafür, die rich­ter­li­che An­fra­ge ab­zu­wei­sen.
Sehr schön!