Rant: Was nützt ein Werkzeug, das keiner benutzen kann?

Was nützt ein Werk­zeug, das kei­ner be­nut­zen kann - ent­we­der weil das Wis­sen fehlt, oder schlicht und er­grei­fend aus der Tat­sa­che her­aus, daß die be­nö­tig­ten Leute feh­len?
Schäu­bles Ak­tio­nis­mus macht als Schäu­b­le-Ka­ta­log allen Or­tens keine gute Pres­se. Da wer­dem im Kampf gegen den Ter­ror (dem Tot­schlag-Ar­gu­ment für jede skep­ti­sche Be­mer­kung) alle Re­gis­ter ge­zo­gen: Fin­ger­ab­druck-Da­ten­bank, Vor­rats­da­ten­spei­che­rung, Un­ter­wan­de­rung der Un­schulds­ver­mu­tung, On­line-Durchu­chun­gen, An­ti-Ter­ror-Da­tei, Ver­mi­schung der Gren­zen zwi­schen Po­li­zei, Ge­heim­dienst und Bun­des­wehr, Da­ten­wei­ter­ga­be und -ab­leich allen Or­tens und als neu­es­tes auch noch eine Spei­che­rung der Flug­gast­da­ten nach dem Vor­bild der USA. Kri­ti­ker au­ßer­halb der Par­tei­en, Wi­der­stand in der Ko­ali­ti­on und Ver­fas­sungs­be­den­ken sind al­le­samt kein Hin­der­nis: Zur Not muß man halt die Ver­fas­sung än­dern, alles kein Pro­blem.

Wenn auch nur ein Teil die­ser Pläne um­ge­setzt wer­den, wer­den rie­si­ge Da­ten­grä­ber an­ge­häuft und Be­fug­nis­se ge­schaf­fen, die in bis­her nicht da­ge­we­se­nem Maße in das Leben jedes ein­zel­nen ein­grei­fen wer­den. Wer aber nutzt diese Daten, wer wer­tet sie aus? Da pas­sie­ren un­glaub­li­che Ge­schich­ten wie die ge­richt­li­che An­wei­sung, meh­re­re Gi­ga­byte Log­da­ten per Fax zu­zu­sen­den oder dem Ver­such, den Nut­zer einer dy­na­misch zu­ge­teil­ten IP-Adres­se via Anruf bei der Aus­kunft und Goo­g­len zu er­mit­teln. Oben­drein lese ich heute, daß in den letz­ten sechs Jah­ren rund 17.000 Stel­len bei der Po­li­zei ge­kürzt wor­den.
Ich re­sü­mie­re: Immer kom­pli­zier­te­re Tech­nik, ex­plo­si­ons­ar­tig wach­sen­de Da­ten­men­gen, dra­ma­ti­sche Aus­wei­tung der Er­mitt­lungs­me­tho­den ste­hen einem (auf die­sem Ge­biet) man­gel­haft ge­schul­ten Per­so­nal in immer schlim­mer wer­den­der Un­ter­be­set­zung ge­gen­über. Oben­drein sind diese Leute be­reits jetzt schon chro­nisch über­las­tet und al­le­nen­falls mau be­zahlt. Dafür wird ihnen nun noch mehr Ver­ant­wor­tung (durch die un­glaub­lich mäch­ti­gen Werk­zeu­ge zur Er­mitt­lung, die Schäu­b­le den Leu­ten an die Hand geben will) auf­ge­bür­det. Un­zu­frie­de­ne (oder ein­fach nur un­ge­bil­de­te) Ar­bei­ter mit gro­ßer Macht kön­nen nicht die Grund­la­ge für den Kampf gegen die Kri­mi­na­li­tät sein - ganz im Ge­gen­teil ist sowas der Nähr­bo­den, auf dem per­sön­li­che Vor­teil­nah­me, Kor­rup­ti­on oder schlim­me­res ge­dei­hen kön­nen. Fehl­grif­fe auf­grund man­geln­der Kennt­nis der Aus­wir­kun­gen der neuen Er­mitt­lungs­werk­zeu­ge könn­ten mit­tel­fris­tig so un­se­re klei­ne­re Sorge wer­den.

Was un­se­re Er­mitt­ler viel­mehr brau­chen, ist eine aus­rei­chend dicke Per­so­nal­de­cke in den neuen Fach­be­rei­chen - es kann nicht an­ge­hen, daß das lo­ka­le Po­li­zei­re­vier (wie im obi­gen Fall) mit In­ter­net-Miß­brauch kon­fron­tiert wird. An­ge­mes­se­ne Per­so­nal­stär­ke, ver­nünf­ti­ge Aus­bil­dung sowie eine zu­frie­den­stel­len­de Ent­loh­nung sor­gen für ein ver­nünf­ti­ges Ar­beits­kli­ma (das gilt nicht nur bei der Po­li­zei) - die­ses ist Vor­aus­set­zung für ein ef­fek­ti­ves Ar­bei­ten. Immer noch schwe­re­re Ka­li­ber al­lein hel­fen nie­man­dem, son­dern sind mas­siv kon­tra­pro­duk­tiv wegen der Miß­brauchs­ge­fahr. Denn: Was nützt ein Werk­zeug, wenn kei­ner in der Lage ist, es kor­rekt zu be­die­nen?