Digg diggt wieder AACS - Grund zum Jubeln?

Ich kann mich den ge­misch­ten Ge­füh­len von Spree­blick nur an­schlie­ßen. Soll­te es zum Pro­test kom­men, war dies ein Pyr­rhus-Sieg für die Co­mu­ni­ty - falls nicht, eine ge­lun­ge­ne PR-Ak­ti­on für Digg. Die grund­le­gen­de Frage ist je­doch, wieso ein sol­cher Pro­zeß über­haupt zu­stan­de kom­men könn­te - er wäre ein Zei­chen der Hilf­lo­sig­keit der AACS­LA, der im üb­rin­gen außer ex­or­bi­tan­ten Pro­ze­ß­kos­ten und Stra­fen nichts be­wir­ken würde.

Digg hatte zu­nächst Ar­ti­kel, die den AACS-Key ent­hiel­ten, ent­fernt, da die Ver­wei­se von Digg mög­li­cher­wei­se gegen gel­ten­des Ame­ri­ka­ni­sches Recht ver­sto­ßen (ob dem so ist, wäre in so­fern zu klä­ren, da Digg ja so ähn­lich wie eine Such­ma­schi­ne funk­tio­niert - und Goog­le scheint bis dato un­be­hel­ligt). Em­pör­te Digg-Nut­zer hat­ten dar­auf­hin Digg der­art mit "Diggs" auf sol­che Ar­ti­kel über­häuft, daß man sich schlie­ß­lich ent­schloß, der Com­mu­ni­ty nach­zu­ge­ben:

But now, after see­ing hund­reds of sto­ries and rea­ding thousands of com­ments, you’ve made it clear. You’d ra­ther see Digg go down fight­ing than bow down to a big­ger com­pa­ny. We hear you, and ef­fec­tive im­me­dia­te­ly we won’t de­le­te sto­ries or com­ments con­tai­ning the code and will deal with wha­te­ver the con­se­quen­ces might be.
If we lose, then what the hell, at least we died try­ing.

Das klingt sehr he­ro­isch; si­cher waren aber auch rein nüch­ter­ne Ge­sichts­punk­te Teil die­ser Ent­schei­dung: Eine Com­mu­ni­ty wie Digg lebt von ihren Mit­glie­dern. Ent­täuscht man sie nur schwer genug, wan­dern die Mit­glie­der ab - was den Tod eines sol­chen Diens­tes be­deu­tet. Ein wei­te­res Ar­gu­ment war si­cher­lich, daß ein Pro­zeß gegen Digg nur der Kampf gegen einen von hun­der­ten Hy­dra-Köp­fen ent­sprä­che; das wer­den auch Rich­ter in Be­tracht zie­hen, wenn es um die Fest­le­gung der Scha­dens­sum­me geht. Und zu guter Letzt wer­den die An­wäl­te von Digg si­cher ar­gu­men­tie­ren, daß der Dienst au­to­ma­ti­siert ist und ein Fil­tern sol­cher In­hal­te tech­nisch kaum mach­bar ist.

Die ei­gent­lich span­nen­de Frage ist, was das ganze Sä­bel­ge­ras­sel der AACS­LA ei­gent­lich soll - der Schlüs­sel ist in Netz un­ter­wegs (daran wird kein Pro­zeß der Welt etwas än­dern kön­nen), und schlech­te Pres­se hat diese In­sti­tu­ti­on doch auch so schon mehr als aus­rei­chend. An ei­ni­gen Sei­ten (wie z.B. Digg) ein ju­ris­ti­sches Ex­em­pel sta­tu­ie­ren zeugt vom sel­ben Ni­veau wie ein frus­trier­ter Schü­ler, der aus Ärger über eine schlech­te Note einen schwä­che­ren Mit­schü­ler zu­sam­men­schlägt.
Bei der Vor­stel­lung von AACS hatte man sich zu­ver­sicht­lich ge­ge­ben: Man habe aus den Feh­lern von CSS ge­lernt. AACS be­inhal­tet ein mehr­stu­fi­ges Schlüs­sel­sys­tem mit der Mög­lich­keit, ein­zel­ne Schlüs­sel zu­rück­zu­zie­hen. Wenn man nicht kom­plett welt­fremd ist, muß ei­gent­lich so­fort klar sein, daß frü­her oder spä­ter ein Play­er-Key aus einem Soft­ware­play­er ex­tra­hiert wer­den würde. Genau hier­für wurde ja im Stan­dard ein Re­vo­ca­ti­on-Plan fest­ge­legt - warum droht man nun an allen Enden mit der ju­ris­ti­schen Keule, an­statt ein­fach nach Plan X vor­zu­ge­hen und den Schlüs­sel zu­rück­zu­zie­hen? Man könn­te fast mei­nen, des man­gelt der AACS­LA an Ver­trau­en in das ei­ge­ne Sys­tem...