Social Networks und das böse Erwachen

So­ci­al Net­works wie Stu­di­VZ, Face­book oder MyS­pace sind ab­so­lut hip - bei (meist jun­gen) Nut­zern wie Ven­ture-Ca­pi­tal-Ge­bern glei­cher­ma­ßen. In Deutsch­land ist die De­bat­te über die Pri­vat­sphä­re im Zu­sam­men­hang mit den Si­cher­heits­pro­ble­men von Stu­di­VZ (eines von vie­len Bei­spie­len hier) laut ge­wor­den. Stu­di­VZ ist zwar dank un­ein­sich­ti­ger Hal­tung ge­gen­über ent­deck­ten Si­cher­heits­pro­ble­men, Es­ka­pa­den des Fir­men­grün­ders und der Ge­schich­te über Stal­king-Grup­pen ins Ge­re­de ge­kom­men, doch ins­be­son­de­re letz­te­res ist wohl kein Stu­di­VZ-spe­zi­fi­sches Pro­blem.
Eine zen­tra­le Schwie­rig­keit scheint viel­mehr der Um­gang mit dem neuen Me­di­um und des­sen fal­scher Ein­schät­zung zu sein. Selbst bei einem Le­ser­brief haben man­che Leute Pro­ble­me, die Trag­wei­te ihrer Worte ab­zu­schät­zen; bei einem welt­weit nutz­ba­rem Sprach­rohr mit fak­tisch un­be­grenz­ter Spei­cher­dau­er (die Goog­le Ca­ches, Or­ga­ni­sa­tio­nen wie archive.​org und lokal ge­spei­cher­te Sei­ten­in­hal­te ma­chen es mög­lich) wird die Si­tua­ti­on end­gül­tig un­über­sicht­lich. Er­schwe­rend kommt noch hinzu, daß das In­ter­net und die So­ci­al-Net­wor­king-Sei­ten ein "schnel­les" Me­di­um sind: In­halt ist sehr leicht und sehr schnell er­zeugt und eben­so schnell ver­brei­tet. Was dabei auf der Stre­cke bleibt, ist der Ge­dan­ke daran, daß das In­ter­net "nichts ver­gi­ßt"; weil es "hip" ist, wer­den per­sön­li­che Pro­fi­le für je­der­mann zu­gäng­lich ge­macht oder sehr per­sön­li­che Fotos im Netz ver­öf­fent­licht.
Daß man dabei höchst un­an­ge­neh­me Über­ra­schun­gen er­le­ben kann, hat eine Grup­pe in Ame­ri­ka de­mons­triert (via Hack in the Box). Sie pla­ka­tier­te einen Vor­trags­raum mit Aus­dru­cken von MyS­pace-Sei­ten, die ge­füllt waren mit wenig schmei­chel­haf­ten Kom­men­ta­ren, un­schö­nen Bil­dern und Ab­spra­chen von "Stal­king-Grup­pen". Dabei stell­ten die Be­trof­fe­nen fest, daß et­li­che die­ser Kom­men­ta­re von (fal­schen) Freun­den von ihnen ver­fa­ßt wor­den waren. Den Be­trof­fe­nen wurde so recht dras­tisch die Kehr­sei­te sol­cher Netz­diens­te be­wu­ßt. Eben­falls däm­mer­te ihnen, daß es na­he­zu un­mög­lich sein dürf­te, diese Kom­men­ta­re über sie im Netz zu lö­schen - das ein­zi­ge, was bleibt, ist das Zu­rück­ru­dern (durch Lö­schen der Ac­counts oder star­kem Be­gren­zen der Zu­griffs­rech­te) und der Lek­ti­on für die Zu­kunft:
- Das Netz ver­gi­ßt nur wenig; ein­mal pu­bli­zier­te Daten kön­nen über viele Jahre im Netz kur­sie­ren.
- Das Ge­fühl der An­ony­mi­tät im Netz ist trü­ge­risch - eben­so die Ein­schät­zung, wer und wie­vie­le Leute ein per­sön­li­ches Pro­fil lesen.
- So­zia­le Netz­wer­ke lie­fern für (so­wohl ma­nu­el­le als auch au­to­ma­ti­sche) Ana­ly­sen schon recht gut struk­tu­rier­te und ge­glie­der­te In­for­ma­tio­nen. Im po­si­ti­ven Fall kann man so in­ter­es­san­te neue Leute ken­nen­ler­nen, im ne­ga­ti­ven Fall ist so etwas eine Steil­vor­la­ge für Mob­bing-Ver­su­che.
- Nach­den­ken vor dem Pos­ten! "If you don't want peop­le to read it, don't post it" - egal, wie cool es im ers­ten Mo­ment zu sein scheint.