Ist Anonymität ein Verbrechen? (oder: Warum beschlagnahmt man TOR-Nodes)

Die Ant­wort der Er­mitt­lungs­be­hör­den dürf­te wohl ein "Lei­der nein" sein. Aus ihrer Sicht dürf­ten An­ony­mi­sie­rungs­diens­te eine läs­ti­ge Er­schwe­rung der Er­mitt­lun­gen sein. Konn­te man sich im Falle von JAP auf eine Pro­to­kol­lie­rung bei Be­darf ei­ni­gen, ist die bei TOR prin­zi­pi­ell­be­dingt nicht mög­lich.
Zum Glück sind nach gel­ten­dem Recht An­ony­mi­zer nicht il­le­gal - im Ge­gen­teil hal­ten man­che Da­ten­schüt­zer An­ony­mi­tät im Netz für ein ge­setz­lich ver­brief­tes Recht - trotz­dem wer­den auf einen Schlag viele in Deutsch­land ge­hos­te­te TOR-Exit-Nodes be­schlag­nahmt. Laut dem Be­richt von Golem ist der Staats­an­walt­schaft das Prin­zip von TOR be­kannt - was die Frage nach dem ei­gent­li­chen Zweck der Be­schlag­nah­mung stellt. Eine Mut­ma­ßung ist der Wunsch, aus­ge­hen­de SSL-Ver­bin­dun­gen in Zu­kunft mit­pro­to­kol­lie­ren zu kön­nen. Dies ließe sich aber wohl eher durch ver­nünf­ti­ge Ge­sprä­che mit den TOR-Node-Be­trei­bern er­rei­chen als durch Be­schlag­nah­mung der In­fra­struk­tur.
Die Aus­sa­ge von Ober­staats­an­walt Gruhl, daß "Zu­falls­fun­de" (auf die man es frei­lich nicht ab­ge­se­hen hat) zu Ver­fah­ren gegen die Be­trei­ber füh­ren kön­nen, läßt einen wei­te­ren Ver­dacht kei­men: Wenn es schon kein Ge­setz gegen den Be­trieb von TOR-Nodes gibt, so kann man im­mer­hin die Mo­ti­va­ti­on der Ak­tio­nis­ten or­dent­lich dämp­fen.
Hard­ware be­schlag­nah­men, all­ge­mei­ner Streß und Hick­hack bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Be­hör­den, das Da­mo­kles-Schwert von Ver­fah­ren wegen Zu­falls­fun­den, und nicht zu­letzt die si­cher etwas un­ge­hal­te­ne Re­ak­ti­on der ISPs - all das dürf­te an der Mo­ti­va­ti­on, eine TOR-Node zu be­trei­ben, or­dent­lich nagen.
Viel­leicht hof­fen die ent­spre­chen­den Stel­len, daß sich auf diese Weise das TOR-"Pro­blem" von al­lei­ne er­le­digt - auch ohne ent­spre­chen­de Ge­set­ze.