Traumhaft: Vorratsgespeicherte Daten per Fax

Spreeblick berichtet von einer Anekdote, bei der die Staatsanwaltschaft allen ernstes gefordert hatte, man möge die angeforderten Informationen faxen - in Summe 450.000 Seiten Logfiles. Spreeblick ist der Sache nachgegangen und hat den zuständigen technischen Leiter interviewt. Die Aussagen schlagen genau in die Kerbe, die ich allen Leuten sage: Die Ermittler brauchen keine zusätzlichen Datenquellen, sondern geschultes Personal in ausreichender Menge. Zitat:

Es mangelt vor allem an zwei Dingen: Erstens KnowHow. Was bedeutet der ganze Kram in den Logfiles überhaupt? (...) Viele Polizisten verstehen zum Beispiel nicht, dass man gar nicht sicher sagen kann, wie lange sich jemand eine Webseite angesehen hat (...) Außerdem mangelt es an Tools. Es gibt bei keiner mir bekannten Polizeistelle Rechner, die in der Lage wären, ein 4 GB Logfile einzulesen und nach Einträgen zu durchsuchen

Erschreckend zu lesen finde ich, daß Anfragen an solch sensible Datenquellen wegen Bagatellen (Zitat: "jemand hat jemand anderen in einem Forum 'Futzi' genannt") angefragt werden. Und hintenraus passiert das, was ich befürchtet habe: Die Bearbeitung muß der arme Durchschnittspolizist erledigen, der von der Materie keinerlei Ahnung hat: "oft ermittelt ja ein ganz normaler Polizist vom Abschnitt xy in Bielefeld oder so, das ist derselbe, der eine Anzeige derzeit mitunter noch mit einer Schreibmaschine aufnimmt".

Im Gegensatz zum interviewten Techniker würde ich den Ermittlungswert nicht vollkommen mit Null ansetzen: Die Analyse sozialer Netze ist durchaus ergiebig, wenn es darum geht, Organisationsstrukturen und soziale Beziehungen zu untersuchen. Das macht beispielsweise Sinn, wenn man den Kopf einer Gruppierung ausfindig machen, deren Arbeitsweise durchleuchten oder einen V-Mann einschleusen will. Sobald das allerdings die Runde macht, werden intelligente Gruppierungen rasch zu entsprechenden Anonymisierungsmaßnahmen greifen. Und bei Bagatellfällen ist solch eine Maßnahme ein um Zehnerpotenzen zu schweres Kaliber.

Fazit: Es werden ungeheure Datenberge angehäuft, welche die Provider einen Haufen Geld kosten, in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre höchst brisant sind, wegen Nichtigkeiten angefragt werden - und letztlich gibt es kaum jemanden, der sie sinnvoll auswerten kann.